Am Sonntag, den 2. Juni. 2024, führte uns Thomas Lay, der Leiter der NABU-Gruppe Münster, durch das Auengebiet Hergershäuser-Wiesen an der Gersprenz. Während der etwa zweistündigen Tour tauchten wir in ein faszinierendes Ökosystem ein.
Das Feuchtwiesenareal war früher geprägt von Überflutungen und extensiver Landwirtschaft. Leider haben Eingriffe wie Bachbegradigungen und Entwässerung vielen dieser Arten zugesetzt. Doch durch den Aufkauf der Flächen konnte einiges wiederhergestellt werden, und einige verloren geglaubte Tiere sind zurückgekehrt.
Ein Teil des Gebiets liegt 3m unterhalb des früheren Niveaus, da hier Sand für den Bau der B45 und A3 abgebaut wurde. Während der Bauarbeiten entdeckte man Kreuzkröten, was zu einem Baustopp führte. In Folge wurden künstliche Gewässer angelegt, die das Wasser, dank der darunterliegenden Lösschicht, gut halten können.
Obstbäume und Kopfweiden, die jährlich geschnitten werden, schaffen eine ideales Jagd- und Brutrevier für Steinkäuze. Aktuell stellt das hohe Gras auf den ungemähten Streuobstwiesen aber eine Herausforderung für diese dar, da sie freie Flächen zum Jagen brauchen. Mähen ist jedoch momentan noch nicht möglich, da viele Vögel ihre Jungtiere im hohen Gras verstecken.
Zwar könnten NABU-Schafe helfen, aber es gibt zu wenige, und das invasive und giftige Schmalblättrige Johanniskraut wächst auf den Flächen, was für die Schafe gefährlich ist.
Die abgeschnittenen Äste werden zu kleinen Zäunen aufgeschichtet, die nicht nur die Menschen auf den Wegen halten, sondern auch Eidechsen Unterschlupf bieten. Zusätzlich wurden Steinhaufen angelegt, um den Eidechsen noch bessere Verstecke zu bieten.
Viele andere Flächen sind magere und trockene Sandrasen und bietet einer Vielzahl an Pflanzen, auch seltenen wie z.B. die Sand-Silberscharte eine Heimat. Obwohl sie nach Anhang II und IV der FFH-Richtlinie geschützt ist, wurde sie an einer Stelle ausgegraben und ist seitdem an dieser Stelle verschwunden. Auch eine Grasnelkenart, welche eine wunderbare Futterpflanze für Insekten und der Klappertopf werden hier gefunden. Klappteröpfe sind Halbparasiten, also noch selber zur Photosynthese fähig. Aber sie nehmen aus den Pflanzen in der Nähe Wasser auf, so dass diese schwächer wachsen. Dies wiederum kann zu einer erhöhten Artenvielfalt führen, da in direkter Umgebung Pflanzen wachsen können die noch besser an Wassermangel angepasst sind.
In der Auenlandschaft kommen nicht nur viele Amphibien, wie die Kreuz- und, Wechselkröte, der Laubfrosch, die Gelbbauchunke und der Moorfrosch, sondern auch sehr viele Vögel vor die hier ein gutes Jagd- und Brutgebiet finden. Auffallend sind die vielen Storche, die seit 2000 hier brüten. Sie bauen ihre imposanten Nester auf großen Bäumen die vom Sturm abgedreht und abgebrochen wurden. Leider machen Waschbären den Störchen das Leben schwer, indem sie versuchen, in die Nester einzubrechen, was dazu führt, dass einige Storchennester aufgegeben werden. Konkurrenz gibt es auch mit Graugänsen, die die Nester für ihre eigene Brut haben wollen. Da sie aber früher mit dem Brutgeschäft fertig sind, können die Storche die Nester später übernehmen.
In diesem Gebiet leben auch etwa 40 Kiebitz Brutpaare. Für diese wurde ein Gehege gebaut das durch einen Stromzaun geschützt wird. Der Rotmilan ist gezielt auf der Suche nach Kiebitzjungen, im Gegensatz zum Storch, "der frisst was ihm unter den Schnabel gerät" - O-Ton Herr Lay.
Unser Spaziergang führte uns auch an der Semme vorbei. Sie ist einer der kleinen Bäche die in die Gersprenz fließt. Hier liegen zwei Biberburgen und auch Nutrias fühlen sich wohl. Tierkameras zeigten, dass eine ganze Nutria-Familie nachts den Mais von den anliegenden Feldern holt und hortet – sehr ärgerlich für den Landwirt, da es keine Entschädigung für von Nutria verursachte Schäden gibt.
Es gibt auch eine Steilwand, die von Uferschwalben besiedelt wird. Da auch die Steilwand künstlich angeschoben wurde ist sie instabil, und es gibt Überlegungen, sie durch Niströhren aus Spritzbeton zu stabilisieren.
Zum Abschluss besuchten wir eine für Bienen und Insekten aufgebaute Steilwand und ein kleines Häuschen zur Vogelbeobachtung. Hier konnten wir Teichhühner und Zwergtaucher mit ihren Jungen beobachten.
Insgesamt war die Führung durch die Hergershäuser-Wiesen ein beeindruckendes Erlebnis, das die Schönheit und die Herausforderungen dieses einzigartigen Naturgebiets verdeutlichte.
Angeregt durch die spannende Exkursion, trafen wir uns zu einer Stärkung im Seeheimer Waldgarten. Hier wurde noch angeregt diskutiert, Informationen ausgetauscht und weitere Pläne für den Amphibienschutz geschmiedet. Vielen Dank für dieses schöne Erlebnis geht an den Organisator, Herrn Oliver Moll, und an Herrn Thomas Lay.